Sozialrechtlicher Status auf dem Prüfstand

Ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit 50 % Anteil selbstständig?

Ein aktueller Fall zur sozialversicherungsrechtlichen Einstufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Sozialrechtlicher Status auf dem Prüfstand: Ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit 50 % Anteil selbstständig?

Ein aktueller Fall zur sozialversicherungsrechtlichen Einstufung eines Gesellschafter-Geschäftsführers

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg (SG) vom 10. September 2024 (Az. S 7 BA 7/23) befasst sich mit der sozialversicherungsrechtlichen Einstufung eines Klägers, der als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH tätig ist und 50 % der Anteile am Stammkapital hält. Der entscheidende Streitpunkt in diesem Verfahren ist die Frage, ob der Kläger als selbstständig oder als abhängig beschäftigt eingestuft wird.

Wesentliche Entscheidungsgrundlagen für den Fall des Gesellschafter-Geschäftsführers

  1. Gesellschafter-Geschäftsführer und Selbstständigkeit: Das SG stellt fest, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer nur dann als selbstständig gilt, wenn ihm bei Stimmengleichheit ein im Gesellschaftsvertrag verankertes Stichentscheidungsrecht zusteht. Da dies im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, wird der Kläger als abhängig beschäftigt eingestuft.
  2. Gesellschaftsvertrag: Der Gesellschaftsvertrag sieht vor, dass Beschlüsse der Gesellschafter mit einer Mehrheit von mehr als 50 % gefasst werden müssen. Da der Kläger und der andere Gesellschafter jeweils 50 % halten, können sie sich gegenseitig blockieren, was jedoch nicht ausreicht, um eine umfassende Mitbestimmung zu gewährleisten.
  3. Rechtslage: Das Gericht verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die besagt, dass die Kapitalbeteiligung und der Einfluss auf die Gesellschafterversammlung entscheidend sind, um zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbstständigkeit zu unterscheiden. Nach Auffassung des SG hat der Kläger nicht die notwendige Rechtsmacht, um die Geschicke der Gesellschaft umfassend zu steuern.
  4. Vertragliche Regelungen: Der Dienstvertrag des Klägers beinhaltet typische Merkmale einer abhängigen Beschäftigung, wie eine feste Vergütung, Urlaubsansprüche und die Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Gesellschaft. Diese Aspekte unterstützen die Einstufung als abhängig Beschäftigter.

Das Urteil des SG Neubrandenburg zum Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

Das Gericht wies die Klage des Klägers ab und bestätigte die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide der Deutschen Rentenversicherung. Das Urteil steht jedoch im Widerspruch zur Rechtsprechung des BSG und verdeutlicht einmal mehr die bestehenden Unsicherheiten in der sozialrechtlichen Bewertung von Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH.

Hinweise für Anwälte im Sozialversicherungsrecht:

  1. Überprüfung des Gesellschaftsvertrags: Gesellschafter-Geschäftsführer sollten sicherstellen, dass der Gesellschaftsvertrag klare Regelungen zu Stimmrechten und Entscheidungsbefugnissen enthält, um die Selbstständigkeit zu wahren.
  2. Regelmäßige Überprüfung der Statuszuordnung: Angesichts möglicher Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen sollten Gesellschafter-Geschäftsführer regelmäßig ihre sozialversicherungsrechtliche Einstufung überprüfen lassen, insbesondere bei Anpassungen im Gesellschaftsvertrag oder in der Unternehmensstruktur.
  3. Transparenz und Vorhersehbarkeit: Um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, sollten alle relevanten Regelungen klar und transparent im Gesellschaftsvertrag festgehalten werden, um die Vorhersehbarkeit sozialversicherungsrechtlicher Tatbestände zu gewährleisten.

Durch diese Maßnahmen kann die rechtliche Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer gestärkt und mögliche Konflikte mit den Sozialversicherungsträgern vermieden werden.