Digitale Lohnabrechnung: Ist die Bereitstellung im Mitarbeiterportal rechtlich zulässig?

Grundsätzlich ja – allerdings nur unter bestimmten Bedingungen.

Mit der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt setzen viele Unternehmen auf elektronische Prozesse, auch im Personalbereich. Eine häufig gestellte Frage lautet: Reicht es aus, Lohn- und Gehaltsabrechnungen im digitalen Mitarbeiterpostfach bereitzustellen? Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dazu am 20. Februar 2024 (Az.: 9 AZR 48/24) eine wegweisende Entscheidung getroffen, die mittlerweile ausführlich begründet wurde.

Das Urteil im Überblick

Das BAG bejahte die Wirksamkeit der elektronischen Erteilung von Entgeltabrechnungen – sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Entscheidend ist, dass die Abrechnung dem Arbeitnehmer zugänglich gemacht wird (§ 108 Abs. 1 Satz 1 GewO). Es kommt also nicht darauf an, ob die Abrechnung tatsächlich gelesen wurde, sondern ob sie für den Arbeitnehmer abrufbar war. Maßgeblich ist hierbei der rechtliche Zugangsbegriff nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Im entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter einen persönlichen Zugang zu einem elektronischen Portal eingerichtet. Die Abrechnungen waren dort jederzeit abrufbar, dauerhaft speicherbar und konnten ausgedruckt werden. Das BAG wertete dies als ordnungsgemäße Erfüllung der Abrechnungspflicht.

Wann ist die digitale Abrechnung wirksam?

Damit die Bereitstellung im digitalen Postfach rechtswirksam erfolgt, sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

  1. Zugänglichkeit: Der Arbeitnehmer muss technisch in der Lage sein, das Postfach jederzeit selbstständig zu nutzen. Dazu gehört die Bereitstellung der nötigen Zugangsdaten.
  2. Hinweis auf neue Abrechnung: Eine Benachrichtigung – etwa per E-Mail – ist sinnvoll, auch wenn sie rechtlich nicht zwingend ist.
  3. Archivierungsmöglichkeit: Die Abrechnungen müssen vom Arbeitnehmer gespeichert oder ausgedruckt werden können, um den Nachweisanforderungen zu genügen.
  4. Datenschutz: Die elektronische Verarbeitung und Speicherung müssen den Vorgaben der DSGVO entsprechen.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

Die Entscheidung bringt Klarheit für Unternehmen, die ihre Lohnabrechnungen digitalisieren möchten. Zugleich unterstreicht das BAG die Verantwortung der Arbeitgeber, für Transparenz und technische Erreichbarkeit zu sorgen. Unternehmen sollten ihre HR-Systeme überprüfen und sicherstellen, dass alle Anforderungen erfüllt sind.

Andernfalls drohen rechtliche Risiken: Kommt es zum Streit über den Zugang zur Abrechnung, liegt die Beweislast beim Arbeitgeber. Es kann zudem zu Nachbesserungspflichten kommen.

Fazit:

Ja, die Erteilung der Lohnabrechnung über ein digitales Mitarbeiterpostfach ist zulässig – wenn der Zugang gewährleistet ist. Arbeitgeber sollten ihre digitalen Prozesse arbeitnehmerfreundlich und datenschutzkonform gestalten, um rechtliche Sicherheit zu schaffen und gleichzeitig die Vorteile moderner Kommunikation zu nutzen.